Soziale Netzwerke haben sich als feste Größe im Nachrichtengeschäft etabliert. Alle Welt ist jetzt Autor, Kurator, Mit-Teilender seines Glückes, denn das Medium fordert frohe Kunde. Dem, der sich der 'Vermassung des Positiven' (Byung-Chul Han) entgegensetzt, der dem Negativen die Tür öffnet und Komplexität zulässt, droht im Netz der soziale Tod.
Ganz neu ist das mediale Primat des Positiven nicht, musste doch manch Überbringer schlechter Nachrichten in der Antike um sein ganz reales Leben bangen, was sich mitunter auch nachteilig für die Adressaten auswirkte. So soll Tigranes der Große durch allzu radikalen Umgang mit den Boten schlechter Kunde, zunächst den Zugang zur Information und in Folge dessen den Großteil seines Reiches eingebüßt haben. Was aber wird der Preis für die erbarmungslose Positivität der digitalen ‘mediasphere’ sein?
Die Auswahl “Shoot the messenger” setzt sich mit der Ökonomie der Botschaft und dem Wandel ihrer Kanäle auseinander.
Transparente Tentakel globaler Datenkraken tasten durch unsere heimischen vier Wände. Diese haben dem Sog sozialer Medien und dem Komfort digitaler Dienstleistungen wenig entgegenzusetzen.
Schulterzuckend nehmen wir die Ausstattung unserer Städte und öffentlicher Verkehrsmittel mit Überwachungstechnologien hin, darüber rätselnd, wie wohl die Projektionen vom Rest unserer Leben aussehen mögen, die Algorithmen aus unseren digitalen Spuren schnitzen.
Zwischen den Sphären des Privaten und des Öffentlichen wächst eine dritte Sphäre, eine Sphäre in der das, was einer Mehrheit als Privat gilt, für eine kleine Minderheit offen einsehbar ist. Mit der Erosion der Privtsphäre verändert sich der Begriff dessen, was als intim gilt. Zweifel und Reflexion verlieren ihr geschütztes Habitat.
Die digitale Information über unseren Aufenthaltsort nagt an unserem Orientierungssinn, Händler versuchen aus ihr Profite zu schlagen und Geheimdienste Staatsgefährder darüber aufzuspühren. Noch weiß niemand so genau wo wir sind und überall waren und wer wir insofern sein könnten, als wir selbst. Orte bestimmen – neben Familie, Beruf und persönlichen Erfahrungen – unser Selbstbild. Das gilt besonders für unseren Herkunftsort, aber auch für die Orte an denen wir uns später freiwillig oder gezwungener Maßen aufhalten. Und auch bei der Außendarstellung unseres Selbst gibt es kein effektiveres Mittel, als den Beleg an bestimmten Orten gewesen zu sein, zu arbeiten oder zu wohnen.
Die Auswahl Location based Identities fasst Arbeiten zusammen, die Orte, deren Eingrenzung und ihre identitätsstiftende Wirkung behandeln.
Der Geldbeutel ist heute für die meisten Bewohner industriell hoch entwickelter Staaten das kulturelle Ausdrucksmittel Nummer Eins. Nicht durch Tanz, Musik oder Poesie drücken wir unsere Gruppenzugehörigkeit, unsere politischen Standpunkte und momentanen Befindlichkeiten aus, sondern durch modische Kleidung, kulinarische Vorlieben und Reisen in angesagte Städte oder besonders abgelegene Weltgegenden. All das kostet Geld, aber auch Zeit, denn das Gespühr für aufkommende Trends und angesagte Orte will ähnlich trainiert sein, wie das Spiel eines Musikinstruments oder fantasievolles Erzählen. Durch die Zunahme der Warenvielfalt und der Informationen die uns bei jedem Kauf zugänglich sind, werden unsere Entscheidungen komplexer und zeitintensiver, aber nur selten wirklich besser. Wahrer Reichtum besteht heute insofern auch darin überhaupt keine Kaufentscheidungen fällen zu müssen. Die Werke in Shopping is for poor people handeln auf unterschiedliche Weise vom Konsum.
Wortlos wiederholte Handlungen kennzeichnen das filmische Schaffen von Gregor Kuschmirz. Die Sektion Rare Window stellt Videoarbeiten aus den Jahren 2003 bis 2017 in einen ästhetischen Zusammenhang.